Corona & Multiple Sklerose. Was Sie jetzt wissen müssen
Das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) ruft die Erkrankung COVID-2019 hervor. Was bedeutet das für Menschen mit Multipler Sklerose?
Da es sich um eine neue Erkrankung handelt, beruhen viele Informationen nicht auf wissenschaftlich fundierten Studienergebnissen, sondern stellen Meinungen von Expertinnen und Experten dar und wurden teilweise in Analogie zu anderen Viruserkrankungen abgeleitet.
Tagesaktuelle allgemeine Informationen erhalten Sie:
- im Internet: sozialministerium.at
- telefonisch: Coronovirus-Hotline der AGES: 0800 555 621
Telefonische Gesundheitsberatung: 1450
Allgemeine Information
Das neuartige Coronavirus (auch SARS-CoV-2) wird nach heutigem Wissensstand über Tröpfchen übertragen. Dies erfolgt hauptsächlich über Niesen, Husten und direkten Körperkontakt, aber auch durch Berühren von Gegenständen, die mit einer infizierten Person in Kontakt waren.
Das bedeutet, dass der beste Schutz vor einer Infektion und Übertragung durch die Einhaltung folgender Maßnahmen verstärkt wird:
- regelmäßiges und häufiges Händewaschen
- > 1 Meter Abstand von Personen halten, die niesen und/oder husten
- Händeschütteln vermeiden
- Sozialkontakte auf das notwendige Minimum beschränken
- Meiden großer Menschenansammlungen im geschlossenen Räumen
- Auch Veranstaltungen oder Treffen von Selbsthilfegruppen und MS-Gesellschaften sollten bis auf weiteres abgesagt werden.
- Nur zu Hause sitzen ist dagegen nicht empfehlenswert, da vor allem in geheizten Räumen Ihre Schleimhäute austrocknen, was Sie generell empfänglicher für jede Art von Infektion macht. Gehen Sie daher regelmäßig an der frischen Luft spazieren!
Habe ich aufgrund meiner MS ein erhöhtes Infektionsrisiko?
Die Tatsache, dass Sie MS haben, stellt kein erhöhtes Risiko für eine Infektion dar.
Personen, die aufgrund der MS in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt sind (das sind jene, die ausschließlich im Rollstuhl mobil oder gar bettlägerig sind), haben ebenfalls kein erhöhtes Risiko, sich zu infizieren. Allerdings ist bei diesen Personen das Risiko erhöht, dass eine Infektion in einem schwerwiegenderen Krankheitsverlauf mündet.
Was mache ich, wenn ein Schub auftritt?
Üblicherweise erhalten Sie im Rahmen eines Schubes eine Kortisonstoßtherapie. Eine solche könnte Ihre Abwehrkraft vorübergehend schwächen und das Auftreten einer Infektion begünstigen. Sprechen Sie in diesem Fall mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen. Bestehen nur geringe Beschwerden, könnte mit der Kortisonstoßtherapie vorerst noch zugewartet werden. Sind die Beschwerden eines Schubes dagegen beeinträchtigend, sollten Sie eine Kortisonstoßtherapie erhalten. In diesem Fall sollten Sie aber für einige Wochen besonders auf die oben angeführten allgemeinen Verhaltensmaßnahmen achten und gegebenenfalls auch mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen über die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Freistellung von beruflichen Tätigkeiten sprechen.
Soll ich meinen Kontrolltermin wahrnehmen?
In Ordinationen – und noch viel mehr in Spitalsambulanzen – besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko, da sich dort naturgemäß viele Menschen auf engem Raum aufhalten und natürlich auch die Wahrscheinlichkeit höher ist, auf eine infizierte Person zu treffen. Daher sollten Besuche dort – ebenso wie andere Sozialkontakte – auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Es gilt hier, verschiedene Szenarien zu unterscheiden:
Mir geht es gut, ich habe keinen speziellen Bedarf und will lediglich meinen schon länger geplanten Ambulanztermin wahrnehmen:
In diesem Fall bleiben Sie zu Hause und holen die Kontrolle nach Abklingen der Pandemie nach.
Mir geht es gut, ich brauche allerdings ein neues (Dauer)-Rezept für meine Immuntherapie:
In diesem Fall nehmen Sie bitte mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen Kontakt auf, um nachzufragen, ob das Rezept aufgrund der besonderen Ereignisse nicht auch auf dem Postweg zugestellt werden kann.
Ihr Termin dient der Verabreichung einer Immuntherapie in regelmäßigen Abständen:
Die Dringlichkeit, aber auch das eventuelle Risiko der Verabreichung, ist vom jeweiligen Präparat abhängig (siehe dazu auch „Muss ich meine Immuntherapie pausieren?“). Die Verabreichung von Tysabri® scheint mit keinem besonderem Risiko assoziiert zu sein, gleichzeitig sollten hier lange Therapiepausen prinzipiell vermieden werden. Kontaktieren Sie in diesem Fall aber trotzdem Ihre Neurologin bzw. Ihren Neurologen, um abzuklären, ob dort spezielle Vorkehrungen für die Verabreichung getroffen wurden (z.B. Terminverschiebungen, um die Besucherfrequenz zu reduzieren, etc.). Bei den anderen Immuntherapien, die in längerem Abstand verabreicht werden, kontaktieren Sie bitte Ihre Neurologin bzw. Ihren Neurologen, um zu besprechen, ob diese Therapie nicht verschoben werden soll.
Routinemäßige MRT-Verlaufskontrollen können und sollten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
Wenn Sie einen Schub haben, der eine relevante Beeinträchtigung verursacht, kontaktieren Sie Ihre Neurologin bzw. Ihren Neurologen, um den besten Zeitpunkt für die Verabreichung einer Kortisonstoßtherapie abzusprechen (idealerweise sollten Sie zu Tagesrandzeiten kommen, um mit möglichst wenigen anderen Patientinnen und Patienten in Kontakt zu kommen).
Muss ich meine Immuntherapie pausieren?
Hier gilt es zunächst prinzipiell zwischen dem Risiko abzuwägen, sich aufgrund einer laufenden Immuntherapie mit dem Coronavirus anzustecken, und dem Risiko durch eine (zeitlich derzeit nicht absehbare) Therapiepause eine Reaktivierung Ihrer MS zu provozieren.
Der zweite Aspekt betrifft die Frage, ob Sie nach einer bereits eingetretenen Infektion mit dem Coronavirus die Therapie pausieren sollen.
Avonex®, Betaferon®, Plegridy®, Rebif®
Für den Fall, dass Sie eine solche Therapie erhalten, besteht im Vergleich zu gesunden Personen keine erhöhte Gefahr. Ein vorsorgliches Pausieren oder Absetzen im Fall einer Infektion ist nicht notwendig.
Aubagio®, Tecfidera®
Auch bei diesen Therapien besteht wahrscheinlich kein Risiko. Eine Ausnahme stellen aber möglicherweise jene Personen dar, bei denen die weißen Blutkörperchen als Folge der Therapie sehr niedrig sind. In diesem Fall sollten Sie mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen eine Therapiepause besprechen, wenn Sie nachweislich mit dem Coronavirus infiziert sind. Ein vorsorgliches Absetzen zum Schutz vor einer Infektion ist aber auch bei diesen Personen nicht empfehlenswert.
Tysabri®
Diese Therapie kann fortgeführt werden. Im Fall eines fieberhaften Infektes soll jedoch eine bereits geplante Infusion verschoben werden, bis die Krankheitssymptome verschwunden sind.
Gilenya®, Mayzent®
Unter diesen Therapien besteht ein leicht erhöhtes Infektionsrisiko – vor allem für Atemwegserkrankungen, die typischerweise auch bei der Coronviruserkrankung auftreten. Trotzdem soll eine laufende Therapie nicht pausiert werden, da nach einer Pause von über 8 Wochen das Risiko eines (unter Umständen schweren) Schubes erhöht ist und in der derzeitigen Situation nicht abgeschätzt werden kann, wie lange die Coronapandemie andauern wird.
Im Fall einer nachgewiesenen Coronainfektion sprechen Sie mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen über das vorübergehende Pausieren der Therapie, bis die Krankheitssymptome abgeklungen sind. Bitte beachten Sie in diesem Fall, dass nach einer Pause von mehr als 2 Wochen erneut eine Überwachung wie bei der seinerzeitigen erstmaligen Verabreichung erforderlich ist.
Ist bei Ihnen in den kommenden Wochen eine Neueinstellung auf Gilenya® oder Mayzent® geplant, sprechen Sie mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen über eine Verschiebung des Therapiebeginns.
Lemtrada®, Mavenclad®, Ocrevus®, Rituximab®
Die Wirkung dieser Therapien beruht u.a. auf einer Reduktion weißer Blutkörperchen, die aber individuell sehr unterschiedlich ausfallen kann. Prinzipiell ist die Infektionsgefahr vor allem in den ersten 4 Wochen nach der Einnahme wahrscheinlich erhöht. Danach sinkt das Risiko wieder kontinuierlich ab, genauere Informationen kann ein aktuelles Blutbild geben.
Da diese Therapien nicht kontinuierlich, sondern in großen Abständen gegeben werden, stellt sich die Frage nach einem vorsorglichen Pausieren nicht.
Sollte bei Ihnen in den kommenden Wochen ein neuer Therapiezyklus anstehen, sollten Sie mit Ihrer Neurologin bzw. Ihrem Neurologen sprechen, ob ein kurzfristiges Verschieben möglich wäre. Eine Verschiebung um 4 bis 8 Wochen sollte bei diesen Therapien das Risiko einer Krankheitsreaktivierung nicht relevant erhöhen. In 4 bis 8 Wochen wird man aber besser abschätzen können, wie sich die Lage entwickelt und gegebenenfalls auch dann mit einem weiteren Zyklus fortfahren können.
Studienmedikamente
Sollten Sie ein Medikament im Rahmen einer klinischen Studie erhalten, wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Neurologin bzw. Ihren Neurologen.
Diese Information wurde am 13. März 2020 von Univ.-Prof. Dr. Fritz Leutmezer erstellt und wird nicht regelmäßig aktualisiert.
Wer zählt zu Coronavirus-Risikogruppen?
International werden hinsichtlich vulnerabler Gruppen und in Bezug auf einen schweren Krankheitsverlauf durch eine SARS-CoV-2/Covid-19-Infektion zumeist ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen als Risikogruppen genannt.
Österreich hat sich unter Berücksichtigung der Definitionen der wichtigsten Institutionen (WHO, ECDC, RKI, BAG, NHS, CDC) auf folgende vulnerable Gruppen festgelegt:
- ältere Menschen (65+)
– insbesondere mit chronischen Erkrankungen - Menschen mit chronischen Erkrankungen
- als chronische Erkrankungen, nach aktueller Evidenz, gelten:
– (chronische) Atemwegs- bzw. Lungenerkrankungen inkl. COPD
– Diabetes
– Herzkreislauferkrankungen
– Krebserkrankungen
– Bluthochdruck
– Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen
Die wichtigsten und effektivsten Maßnahmen zum persönlichen Schutz sowie zum Schutz von anderen Personen vor der Ansteckung mit Erregern respiratorischer Infektionen sind eine gute Händehygiene, korrekte Hustenetikette und das Einhalten eines Mindestabstandes (ca. 1 bis 2 Meter) von krankheitsverdächtigen Personen.
Die allgemeine Aufforderung, soziale Kontakte zu vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben, gilt für Angehörige von Risikogruppen ganz besonders.
Quarantäne und Isolation gut überstehen
Der Umgang mit dem neuartigen Corona-Virus wirft für Menschen mit MS und Angehörige nicht nur medizinische und arbeitsrechtliche Fragen auf. Unser aller Leben hat sich von einem Tag zum anderen vorübergehend komplett verändert, die Situation erscheint manchmal sogar bedrohlich. Die gewohnte Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Unsicherheit und Ängste begleiten vielleicht noch mehr als sonst den Alltag. Diese Ausnahmesituation, in der wir derzeit leben, kann psychisch sehr belastend sein.
Die gute Nachricht: Es gibt klare, wissenschaftlich erforschte und bewährte Verhaltensmaßnahmen und mentale Strategien, die es ermöglichen, diese Ausnahmesituation zu meistern.
Von Montag bis Freitag in der Zeit von 09.00 bis 13.00 Uhr erreichen Sie über unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 311 340 das aus Psychotherapeutinnen, Sozialarbeiterinnen und Sozialberaterinnen bestehende Team der MS-Hotline. Wir nehmen uns immer ausreichend Zeit für Ihre Anliegen. Konkrete Anfragen beantworten wir gleich. Wenn Sie sich einfach einmal aussprechen möchten, vereinbaren wir einen Rückruftermin.
Telefonische Beratung
- Unter der Telefonnummer 0800 555 621 können Sie rund um die Uhr Fragen rund um das Coronavirus stellen.
- Sollten Sie Symptome aufweisen, rufen Sie bitte bei der Gesundheitshotline unter der Telefonnummer 1450 an.
Informationen im Web
- Sozialministerium
- AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit)
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
- Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
- Arbeiterkammer
- Wirtschaftskammer Österreich
- myth busters der WHO
Corona-Virus: Nachrichten-Überblick in leicht verständlicher Sprache
In der Coronavirus – Spezial-Ausgabe von TopEasy – Nachrichten leicht verständlich werden die wichtigsten Fragen zum Corona-Virus und seinen Folgen leicht verständlich und übersichtlich beantwortet.
Quelle: Dachverband der Sozialversicherungsträger