COVID-19-Infektion mit MS – Daten aus Italien
Wie verläuft eine COVID-19–Infektion bei Personen mit bekannter Multipler Sklerose? Welche Daten hierzu gibt es derzeit? Ein Überblick von Dr. Christiane Gradl, Präsidentin der Niederösterreichischen MS-Gesellschaft.
Ende April 2020 wurden von den italienischen Kollegen die gesammelten Daten bezüglich COVID-19 und MS veröffentlicht (Sormani MP; Italian Study Group on COVID-19 infection in multiple sclerosis. An Italian programme for COVID-19 infection in multiple sclerosis. Lancet Neurol. 2020 Apr 30; pii: S1474-4422(20)30147-2).
Es wurden in der Studie 232 Patientinnen und Patienten mit COVID-19-Infektion und bestätigter Multipler Sklerose untersucht. Ein Großteil der Patientinnen und Patienten (88 %) hatte eine schubförmig remittierende MS, nur 21 von 232 Betzroffenen war ohne MS-spezifische Therapie. Alle gängigen MS-Therapien waren in der Gruppe vertreten, auch hochwirksame Medikamente wie beispielsweise Fingolimod, Ocrelizumab, Natalizumab oder Cladribin.
Die gute Nachricht vorweg: In 96 % der Fälle verlief die COVID-19-Infektion mild. Dennoch kam es zu 4 schweren Verläufen und 6 kritischen. Von den kritischen Fällen verstarben 5 Patienten.
Von Interesse ist nun ein näherer Blick auf die schweren und kritischen Verläufe.
Das mittlere Alter dieser Personen war deutlich höher: Lag das mittlere Alter aller Patientinnen und Patienten bei 44 Jahren, hatten die Verstorbenen ein mittleres Alter von 67 Jahren. Von den verstorbenen Patientinnen und Patienten hatten alle eine SPMS/PPMS, 3 der Patienten erhielten keine MS-spezifische Therapie. Bei 4 der 5 verstorbenen Patienten waren Vorerkrankungen wie Diabetes, Übergewicht oder Arteriosklerose, die als Risikofaktoren für einen schweren COVID-Verlauf gelten, bekannt.
Alle 5 Überlebenden mit schweren/kritischen Verläufe litten an einer RRMS, alle erhielten eine MS-spezifische Therapie. Nur ein Patient litt an anderen Vorerkrankungen, alle anderen waren – bis auf die MS – gesund.
Was lässt sich aus diesen Daten nur ableiten?
Bekannte Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf wie Lebensalter und kardiovaskuläre Vorerkrankungen dürfen nicht übersehen werden und spielen – auch bezüglich der individuellen Risikoeinschätzung bei MS-Patienten -eine große Rolle. Für eine gewisse Beruhigung sorgt die Tatsache, dass ein Großteil der COVID-19 Infektionen in der italienischen Gruppe mild verlaufen ist.
Wichtig für die Zukunft wird das Sammeln weiterer Daten sein, um mehr Erfahrung mit COVID und MS zu bekommen. Auch in Österreich werden COVID-19 Infektionen bei MS-Patienten beobachtet und untersucht. Sollten Sie selbst von einer COVID-19 Infektion betroffen gewesen sein und an MS leiden, dann melden Sie sich bitte bei Ihrem MS-Zentrum, das Ihre Daten in anonymisierter Form sammeln wird.
Ihre Daten helfen, die Empfehlungen bzgl. COVID-19 für MS-Betroffene zu verbessern und mehr Erfahrungen in Bezug auf einzelne MS-Therapien in Zeiten von COVID-19 zu bekommen.