Reiterin mit MS bei Paralympischen Spielen in Tokio

Bei den Paralympischen Spielen 2020 geben 4.400 Sportlerinnen und Sportler in 22 Disziplinen und 539 Bewerben ihr Bestes. Auch eine junge MS-Betroffene aus Tirol zeigt im August 2021 in Tokio ihr Können im Dressurreiten.

Parad-Dessurreiterin Valentina Strobl bei den Paralympics in Tokio © ÖPCGEPA Pictures

Para-Dressurreiterin Valentina Strobl in Tokio © ÖPCGEPA Pictures

Die Paralympischen Spiele, auch als Paralympics bezeichnet, sind die an die Idee der Olympischen Spiele angelehnten internationalen Sportwettbewerbe für Athletinnen und Athleten mit einer Körperbehinderung.

Valentina Strobl, Para-Dressurreiterin aus Tirol

Das Paralympic Team Austria reiste mit 24 Athletinnen und Athleten nach Tokio. Mit dabei: Die 21-jährige Valentina Strobl aus der Wildschönau, die im Alter von 14 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose erhalten hat. Seitdem kämpft sie immer wieder mit starken Gleichgewichtsstörungen. Zur Zeit der Diagnose war Reiten „eine Art Therapie“ für Valentina. Der Pferdesport fiel der jungen Tirolerin zudem wesentlich leichter als das Gehen.

„Mit dem Reiten kam ich wieder zurück in die Normalität“, erklärt die Para-Dressurreiterin. „Das Reiten hat auch dazu beigetragen, dass ich mich selbst wieder aufgerafft habe.“ Strobl brauchte relativ lange, um die Diagnose Multiple Sklerose zu verarbeiten.

Auch wenn Valentina Strobl nach wie vor mit Muskelschwäche umgehen muss, lebt sie für das Reiten und ihr Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften an der FH Kufstein. In ihrer Freizeit wandert sie und fährt Ski.

Seit 15 Jahren auf dem Pferderücken

Bereits mit sechs Jahren begann Valentina mit dem Reitsport, vier Jahre später folgte der Einstieg in den Turniersport. Im Alter von 15 Jahren startete sie zum ersten Mal bei einem internationalen Juniorenturnier und stieg darauf in den österreichischen Juniorenkader ein. Mit 18 Jahren nahm die junge Frau an der Junioren-Europameisterschaft in Fontainebleau teil.

Während ihrer Maturazeit im Jahr 2019 wurde Valentina Strobl auf den Parasport aufmerksam. Zuvor habe sie nicht wahrhaben wollen, dass sie durch die Multiple Sklerose beeinträchtigt ist. Schließlich bestritt Strobl während der schriftlichen und mündlichen Matura ein Paradressur-Turnier. Nur kurze Zeit später fixierte die Tirolerin die erstmalige Qualifikation für Paralympics: Gemeinsam mit Pepo Puch, Julia Sciancalepore und Bernd Brugger schaffte sie den Sprung nach Tokio.

Wir halten Valentina Strobl die Daumen für die Reitbewerbe bei den Paralympischen Spielen 2020!

Valentina Strobl mit ihrer Mutter Petra, Foto: privat

Valentina Strobl mit ihrer Mutter Petra, Foto: privat

Interview mit Valentina Strobl

Frau Strobl, Sie haben Österreich im August dieses Jahres bei den Paralympics in Tokio erfolgreich vertreten. Wie würden Sie Ihren Weg bis zu diesem Höhepunkt Ihrer Karriere beschreiben?

Valentina Strobl: Meine Karriere hatte bisher einige Höhen und Tiefen, doch das ist meiner Meinung nach ganz normal im Sport. Gerade auch beim Reiten ist das dann nochmal etwas Anderes, da man mit einem Lebewesen zusammenarbeitet. Ein großer Meilenstein war 2018 die Teilnahme an der Junioreneuropameisterschaft. Auch die letzten zwei Saisonen sind super verlaufen, hier waren viele Highlights wie etwa mehrere Siege in Nation Cuos dabei.

Wer hat sie auf diesem Weg unterstützt, und wo mussten Sie Hürden überwinden?

Valentina Strobl: Die größte Unterstützung ist auf jeden Fall meine gesamte Familie! Ohne meine Eltern wäre die Ausübung dieses Sports gar nicht möglich. Meine Mama Petra steht immer am Viereck, wenn ich reite, und coacht mich. Gleichzeitig übernimmt sie auch das ganze Management. Sie hat einfach den Gesamtüberblick, der mir manchmal fehlt. Hürden musste ich vor allem im Jahr 2014, nach meiner Diagnose, überwinden. Das Reiten hat mir beim wieder Aufraffen geholfen.

Inwiefern hat Ihre MS-Erkrankung bei den Paralympics eine Rolle gespielt?

Valentina Strobl: Ohne meine MS wäre ich hier jedenfalls mal nicht startberechtigt. Ich bin eigentlich nur durch den Zufall in einem Gespräch zum Para-Sport gekommen. Beim Reiten selbst merke ich, dass meine linke Körperseite deutlich schwächer und unkoordinierter ist als meine rechte

Haben Sie in Tokio auch anderen von MS betroffene Athletinnen und Athleten kennengelernt?

Valentina Strobl: Durch Tokio selbst jetzt nicht, doch auf den vorherigen Para-Turnieren einige. Ich war ehrlich gesagt überrascht, wie viele Menschen von MS betroffen sind.

Was möchten Sie anderen Menschen, die mit MS leben, mit auf den Weg geben?

Valentina Strobl: Nie unterkriegen lassen! Klar, manchmal ist es schwierig durchzuhalten, doch am Ende lohnt es sich. Für mich selbst ist es auch wichtig, im Hier und Jetzt zu leben sowie den Moment zu genießen. Sich über Dinge Gedanken zu machen, auf die man keinen Einfluss hat, bringt nichts. Einfach positiv bleiben!

Interview: Kerstin Huber-Eibl