Ozanimod (Zeposia®) bei RRMS mit aktiver Erkrankung
Mit Ozanimod wurde eine neue orale Therapie für Personen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) mit aktiver Krankheit zugelassen. Der immunmodulierende Wirkstoff aus der Gruppe der oralen Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulatoren (S1P-Rezeptor-Agonisten) gehört der gleichen Wirkstoffklasse wie Fingolimod und Siponimod an.
Ozanimod (Handelsname Zeposia®) ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Erwachsenen mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS), bei bei denen nach Perioden mit milderen Symptomen oder symptomfreien Phasen (Remissionen) immer wieder zu einem Wiederaufflammen der Symptome (Auftreten von Schüben) kommt. Ozanimod wird bei Personen mit aktiver Erkrankung angewendet, was bedeutet, dass bei ihnen Rückfälle auftreten oder bei Scans aktive Anzeichen einer Entzündung zu beobachten sind.
Wie wird Ozanimod angewendet?
Ozanimod ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich, und die Behandlung sollte von in der Behandlung von Multipler Sklerose erfahrenen Ärztinnen und Ärzten eingeleitet und überwacht werden. Es ist als Kapseln (0,23 mg, 0,46 mg und 0,92 mg) erhältlich und sollte einmal täglich eingenommen werden. Um das Risiko von Nebenwirkungen auf das Herz zu verringern, sollte die Dosis zu Beginn der Behandlung oder nach einer längeren Unterbrechung der Behandlung langsam gesteigert werden. Die Anfangsdosis beträgt während der ersten 4 Tage eine 0,23-mg-Kapsel täglich, während der folgenden 3 Tage (an Tag 5, 6 und 7) eine 0,46-mg-Kapsel täglich und ab Tag 8 eine 0,92-mg-Kapsel täglich. Weitere Informationen zur Anwendung von Ozanimod entnehmen Sie der Packungsbeilage, oder wenden Sie sich an Ihre Ärztin, Ihren Arzt bzw. Ihre Apothekerin oder Ihren Apotheker.
Wie wirkt Ozanimod?
Bei Multipler Sklerose greift das Immunsystem (die körpereigene Abwehr) die schützende Isolierung um die Nerven sowie die Nerven selbst in Gehirn und Rückenmark an und schädigt diese. Der Wirkstoff Ozanimod blockiert die Wirkung von Targets namens Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren auf Lymphozyten (Immunzellen). Durch die Bindung an diese Rezeptoren hält Ozanimod Lymphozyten davon ab, von den Lymphknoten zu Gehirn und Rückenmark zu gelangen, wodurch die von ihnen verursachten Schädigungen begrenzt werden.
Zulassungsstudien RADIANCE und SUNBEAM
Die Zulassung von Ozanimod basiert auf Daten aus den zwei klinischen Phase-III-Studien SUNBEAM (NCT02294058) und RADIANCE (NCT01628393) mit insgesamt 2.666 RRMS-Patientinnen und -Patienten.
Grundlage für die beantrage Zulassung ist die signifikante Überlegenheit von der immunmodulierende Wirkstoffs Ozanimod gegenüber Interferon-β in zwei im Fachmagazin „The Lancet Neurology“ veröffentlichten Phase-3-Studien. So verringerten sich bei insgesamt 2.600 Probandinnen und Probanden mit schubförmiger MS in den Phase-III-Studien RADIANCE und SUNBEAM unter Ozanimod die Schubrate, die kernspintomografischen Marker der Krankheitsaktivität und die Krankheitslast deutlich stärker als unter der Therapie mit Interferon-β. Der S1P-Modulator Ozanimod erwies sich in beiden klinischen Studien als gut verträglich, es gab auch keine signifikanten Gruppenunterschiede hinsichtlich Infektionen oder anderen schweren unerwünschten Wirkungen.
SUNBEAM
SUNBEAM ist eine zentrale multizentrische, randomisierte, doppelblinde, doppelblinde, aktiv kontrollierte Phase-3-Studie zur Bewertung der Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von zwei oralen Zeposia-Dosen (0,92 mg und 0,46 mg, entsprechend 1 mg und 0,5) mg Ozanimod® HCI) gegenüber wöchentlich intramuskulär verabreichten AVONEX® (Interferon beta-1a) über einen Behandlungszeitraum von mindestens 12 Monaten. Die Studie umfasste 1.346 Menschen mit RMS, die an 152 Standorten in 20 Ländern leben.
Der primäre Endpunkt der Studie waren die annualisierten Rückfallraten (ARR) während des Behandlungszeitraums. Die sekundären MRT-Endpunkte umfassten die Anzahl neuer oder sich vergrößernder hyperintenser T2-gewichteter Hirn-MRT-Läsionen über 12 Monate, die Anzahl der Gadolinium-verstärkten Hirn-MRT-Läsionen im 12. Monat und die prozentuale Veränderung des gesamten Gehirnvolumens gegenüber dem Ausgangswert im 12. Monat. Volumenänderungen in der grauen Substanz und im Thalamus wurden auch gegenüber dem aktiven Komparator prospektiv bewertet.
RADIANCE
RADIANCE Teil B ist eine zentrale, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, doppelblinde, aktiv kontrollierte Phase-3-Studie zur Bewertung der Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von zwei oralen Zeposia-Dosen (0,92 mg und 0,46 mg, entsprechend 1 mg) und 0,5 mg Ozanimod HCI) gegenüber wöchentlich intramuskulär verabreichtem AVONEX® (Interferon beta-1a) über einen Behandlungszeitraum von 24 Monaten. Die Studie umfasste 1.320 Menschen mit RMS, die an 150 Standorten in 21 Ländern leben.
Der primäre Endpunkt der Studie waren aren die annualisierten Rückfallraten (ARR) über 24 Monate. Die sekundären MRT-Endpunkte umfassten die Anzahl neuer oder sich vergrößernder hyperintenser T2-gewichteter Hirn-MRT-Läsionen über 24 Monate, die Anzahl der Gadolinium-verstärkten Hirn-MRT-Läsionen im 24. Monat und die prozentuale Veränderung des gesamten Gehirnvolumens gegenüber dem Ausgangswert im 24. Monat. Volumenänderungen in der grauen Substanz und im Thalamus wurden auch gegenüber dem aktiven Komparator prospektiv bewertet.
Welche Risiken sind mit Ozanimod verbunden?
Sehr häufige Nebenwirkungen von Ozanimod sind Nasopharyngitis (Entzündung der Nase und des Rachens), die mehr als 1 von 10 Behandelten betreffen können, und erhöhte Spiegel von Leberenzymen (ein Zeichen für Leberprobleme), die bis zu 1 von 10 Behandelten betreffen können; ungefähr 1 von 100 Personen musste wegen eines starken Anstiegs der Leberenzymwerte während der Studien die Behandlung abbrechen. Die vollständige Auflistung der im Zusammenhang mit Ozanimod berichteten Nebenwirkungen ist der Packungsbeilage zu entnehmen.
Ozanimod darf nicht bei Personen mit schweren Lebererkrankungen, schweren aktiven Infektionen, Krebs oder geschwächtem Immunsystemen angewendet werden. Es darf nicht bei Personen mit bestimmten Herzerkrankungen oder Personen angewendet werden, die kürzlich einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder andere Herzprobleme hatten. Es darf auch nicht bei Schwangeren oder Frauen angewendet werden, die schwanger werden können und kein zuverlässiges Verhütungsmittel verwenden. Die vollständige Auflistung der Einschränkungen ist der Packungsbeilage zu entnehmen.
Warum wurde Ozanimod in der EU zugelassen?
Ozanimod hat sich bei Personen mit schubförmig-remittierender Multipler Sklerose bei der Reduzierung der Zahl der Rückfälle als wirksam erwiesen. Seine Nebenwirkungen ähneln denen anderer Arzneimittel gegen MS, die ähnlich wirken, und werden als annehmbar angesehen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur gelangte zu dem Schluss, dass der Nutzen von Ozanimod gegenüber den Risiken überwiegt und dass es in der EU zugelassen werden kann.
Welche Maßnahmen werden zur Gewährleistung der sicheren und wirksamen Anwendung von Ozanimod ergriffen?
Das Unternehmen, das Ozanimod in Verkehr bringt, wird Schulungsmaterial für Ärztinnen und Ärzte sowie einen Leitfaden für Patientinnen und Patienten sowie deren Betreuungspersonen mit wichtigen Sicherheitsinformationen über das Arzneimittel, seine Risiken und seine Anwendungsbedingungen bereitstellen. Frauen, die schwanger werden können, wird eine Erinnerungskarte mit wichtigen Informationen über die Notwendigkeit einer wirksamen Empfängnisverhütung während der Behandlung mit Ozanimod ausgehändigt. Empfehlungen und Vorsichtsmaßnahmen zur sicheren und wirksamen Anwendung von Ozanimod, die von Angehörigen der Heilberufe und Patientinnen und Patienten befolgt werden müssen, wurden auch in die Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und die Packungsbeilage aufgenommen.
Wie bei allen Arzneimitteln werden Daten zur Anwendung von Ozanimod kontinuierlich überwacht. Gemeldete Nebenwirkungen von Ozanimod werden sorgfältig ausgewertet und alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten ergriffen.
Weitere Informationen über Ozanimod
- Qualitätshandbuch MS / NMOSD 09/2021
- Internetseite der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zu Ozanimod
- Broschüre für Patientinnen und Patienten zu Ozanimod
- Patientinnen- und Patientenkarte zu Ozanimod
Ozanimod befindet sich in der gelben Box bzw. dem gelben Bereich des Erstattungskodex der Österreichischen Sozialversicherung und wird somit von den Krankenkassen erstattet.
Quelle: Europäische Arzneimittel-Agentur, Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose
Literatur
Giancarlo Comi, Ludwig Kappos, Krzysztof W Selmaj, Amit Bar-Or, Douglas L Arnold, Lawrence Steinman et al.:
Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (SUNBEAM): a multicentre, randomised, minimum 12-month, phase 3 trial
The Lancet Neurology, Vol. 18, No. 11, p1009–1020; published: September 3, 2019
Jeffrey A Cohen, Giancarlo Comi, Krzysztof W Selmaj, Amit Bar-Or, Douglas L Arnold, Lawrence Steinman et al:
Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (RADIANCE): a multicentre, randomised, 24-month, phase 3 trial
The Lancet Neurology, Vol. 18, No. 11, p1021–1033; published: September 3, 2019
Ellen M Mowry, John R Corboy:
Another sphingosine 1-phosphate receptor modulator for the treatment of patients with multiple sclerosis
The Lancet Neurology, Vol. 18, No. 11, p983–985; published: September 3, 2019