Risikogruppenregelung läuft mit Ende Juni aus
Die Dienstfreistellung von Menschen mit einem COVID-19-Risikogruppenattest verliert mit 1. Juli ihre Gültigkeit. Für Menschen mit Multipler Sklerose wünschen wir uns individuelle Möglichkeiten, die Freistellung zu verlängern.
Die im Mai 2020 erstmals geschaffene Möglichkeit einer Dienstfreistellung von Menschen mit einem Covid-19-Risikogruppenattest bis Ende Juni 2021 wird vom Arbeits- und Gesundheitsministerium über deren Ablauf mit Ende Juni 2021 hinaus nicht mehr verlängert. Das Arbeits- und Gesundheitsministerium argumentieren die Beendigung der Freistellungsmöglichkeit mit sinkenden COVID-19-Infektionszahlen und der steigenden Impfquote.
Gesundheitsausschuss stellt Weichen
Aufgrund der aktuellen epidemiologischen Lage und der steigenden Anzahl von Personen, die gegen COVID-19 geimpft sind, bestehe laut einer Mitteilung des Arbeits- und des Gesundheitsministeriums für Angehörige der COVID-19-Risikogruppe nur eine geringe Infektionsgefahr. Darüber hinaus gebe für diese Personengruppe bereits seit geraumer Zeit ein Impfangebot. Somit sei der Minsterien-Mitteilung zufolge von einem ausreichenden Schutz vor einer COVID-19-Infektion auszugehen.
Die COVID-19-Pandemie war Gegenstand mehrerer Tagesordnungspunkte im Gesundheitsausschuss am 8. Juni 2021. So wurden mehrere Fristen im COVID-19-Maßnahmengesetz verlängert. Die Freistellungsregelung für Beschäftigte, die einer COVID-19-Risikogruppe angehören, wird hingegen mit 30. Juni auslaufen.
Im Zuge dieses Tagesordnungspunktes brachten die Regierungsparteien mehrere zusätzliche Anträge ein. Demnach ist vorgesehen, dass die Freistellungsregelung für Beschäftigte, die einer COVID-19-Risikogruppe angehören, mit 30. Juni auslaufen und die COVID-19-Risikoatteste ihre Gültigkeit verlieren. Derzeit sind betroffene Beschäftigte auf ihren Antrag hin vom Arbeitgeber freizustellen, wenn es nicht möglich ist, im Homeoffice zu arbeiten oder für sie ein besonders geschützter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann. Ähnliche Bestimmungen gelten für den öffentlichen Dienst.
Verbesserung der epidemiologischen Gesamtsituation
Begründet wird das Auslaufen der Sonderregelung mit der Verbesserung der epidemiologischen Gesamtsituation. Gleichzeitig wird Vorsorge dafür getroffen, sollte sich die Infektionslage wieder verschlechtern. Demnach kann der Gesundheitsminister die Regelung per Verordnung für bestimmte Zeiträume wieder aufleben lassen, wobei die Verordnungsermächtigung vorerst nur für Zeiträume bis 31. Dezember 2021 gelten soll. Bei Ausstellung etwaiger neuer Risikoatteste wäre dann auch der Impf- bzw. Immunitätsstatus der betroffenen Beschäftigten zu berücksichtigen.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hossek (SPÖ) kritisierte, dass die vielen unterschiedlichen Fristen die Bevölkerung verwirren würden und appellierte, alle COVID-19 betreffenden Fristen einheitlich bis Ende des Jahres zu verlängern. Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) merkte zu den Risikoattesten an, warum diese überhaupt noch Thema seien. Die Risikogruppen seien nach Impfplan zu hohem Grade bereits geimpft. Die Regelung würde daher nur eine sehr kleine Gruppe betreffen. Zur bestehenden Abgabe von COVID-19-Selbsttests in Apotheken gab er zu bedenken, dass dies zu Missbrauch – etwa durch Weiterverkauf der Tests – führen könne. Loacker hinterfragte die Notwendigkeit dieser Maßnahme aber auch generell angesichts der Impfrate und der Fallzahlen. Der Tagesordnungspunkt wurde mit allen zusätzlichen Anträgen mehrheitlich von ÖVP, SPÖ und Grünen beschlossen.
Beachtung der individuellen Situation
Für Menschen mit Multipler Sklerose wünschen wir uns individuelle Möglichkeiten, die Freistellung zu verlängern.
Karin Krainz-Kabas, Geschäftsführung ÖMSG
Am 7. Juni 2021, dem Tag vor der Bekanntgabe des Auslaufens der Regelung, hatten wir vom Bundesministerium für Arbeit noch folgende Nachricht erhalten:
Unsere fachkundigen Kollegen aus dem Arbeitsministerium haben mit dem Gesundheitsministerium die Frage diskutiert, wie sich eine abgeschlossene COVID-19-Impfung auf den Status der Risikogruppe auswirkt.
Die geltende Risikogruppen-Regelung geht zwar von bestimmten Indikationen aus, verlangt aber zusätzlich eine konkrete individuelle Risikobeurteilung durch den behandelnden Arzt. D.h. auch bei der Feststellung, ob eine Person der Risikogruppe angehört, war bzw. ist nicht die Regelung des Gesetzes bzw. der Verordnung das Entscheidende, sondern die ärztliche Beurteilung. Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium vertreten wir die Ansicht, dass es Sache des behandelnden Arztes ist, dabei den Umstand einer abgeschlossenen Impfung in dieser individuellen Risikobeurteilung – nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse – zu berücksichtigen.
Wenn also die ärztliche Beurteilung ergibt, dass aus medizinischer Sicht eine Wiederaufnahme der Arbeit nach der Impfung möglich ist, dann ist damit eine ausreichende Grundlage für die Beendigung der Freistellung gegeben, auf dies sich auch der Dienstgeber verlassen kann.
Die mit 10. Juni wirksam werdende Änderung der Verordnung des Gesundheitsministeriums (COVID-19-Öffnungsverordnung) wird hier insofern Erleichterungen bringen, als die allgemeine Regelung für Arbeitsorte dann vorsieht, dass
- ein Mindestabstand von 1 Meter einzuhalten (bisher 2 Meter) ist und
- in geschlossenen Räumen ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen ist (bisher: an allen Arbeitsorten, egal, ob geschlossene Arbeitsräume oder nicht).
AUSNAHME: Gastronomie (hier muss MNS auch im Freien getragen werden!)
Wie bisher kann von diesen Grundsätzen nur dann abgewichen werden, wenn ein physischer Kontakt zwischen Personen ausgeschlossen werden kann oder das Infektionsrisiko durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen minimiert werden kann. Dazu kommt die 3-G-Regel hinzu für bestimmte Berufsgruppen (Arbeitnehmer mit Kundenkontakt).
D.h. (Nachweislich) Getestet/genesen/ oder geimpft zu sein befreit nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung des Abstands und des Tragens eines MNS.
Dies entspricht auch der Auslegung der Verordnung durch das Gesundheitsministerium; wir verstehen Ihren Wunsch nach einer Klärung, können aber nur nochmals betonen, dass die medizinische Frage, ob nach der Impfung ein ausreichender Schutz vor schweren Erkrankungen an COVID-19 gegeben ist, der ärztlichen Beurteilung obliegt.
Es sollte dabei mit bedacht werden, dass der Wiedereinstieg in die Arbeit auch zur – nicht unwesentlichen – psychischen Gesundheit der Beschäftigten beiträgt.
Am Arbeitsplatz sollten weiterhin Schutzmaßnahmen vorgesehen werden (z.B: Einzelbüro; Vermeidung des Aufenthalts in Sozialräumen oÄ), hier kann die arbeitsmedizinische Betreuung unterstützen.